Westmünsterländische Dialekte Plattdeutsch in der Grenzregion

Wörterbuch der westmünsterländischen Mundart

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24 Lemmas

anders, anners anders. Dat is anders äs fröhr! Dat ging ja boll nich anders. Maak di äs anders as du büs! Ik soll ('t) nich anders wetten. Dat is owwer anders (nicht wahr). Dat kann'm ook anders säggen (z.B. etw. freundlicher). Dat was lück anders mennt (Es steckt mehr dahinter). Van den kann'k di wall wat anders vertällen (Nachteiliges). Miene Frou is anders (schwanger). Wat anders? (Was sonst). Ik loop nich so harüm as anders nümms. Du sühs uut as anders nümms.Geck, süss.
Zs.: waor-

bewimpeln (Rae, Rh, Bo) in der Wendg. met vull Bewimpeln un Bewampeln vertällen (ausführlich, umständlich berichten)

een(e), ne ein, eine(r). een Mann van jeede Famillie to't Bääden (Totenbrauch). een Stück nao't andere (viel hintereinander). een of andern Dagg (ein paar Tage). een of andern magg't nich mehr wetten (einige wissen es nicht mehr). een un datselwe (einunddasselbe). Se bünt een un alles (halten zusammen). Dat Peerd was sien een un alles. He drinkt sik eenen. eenen uut de Pulle nemmen (einen Schluck Schnaps). Wat eene kann, mäck twee nich möö (was einer allein kann). Een Mann geht eenen Wegg (kann nur an einer Stelle arbeiten). Wat een doon kann, könnt twee bääter (zu zweit ist es leichter). Dat ging eenen teggen'n annern an (Einer ging gegen den andern an). Et geht van't eene in't annere (Man hat viel zu tun). So kümp 't eene bi't andere. Se bünt van eenen Older (gleichaltrig, → ääben 1). een üm'n andersten (jeder zweite). up een Maol (plötzlich). 'n ganzen Aobend an eene Wääge vertällen (in eenen wegg) (in eins, → eens). Dat is dr' Eene! (Das ist vielleicht einer, entrüstet). → Äi, Been, Düüwel, Gott, Jammer, Kaarte, Penning, staon.
Zs.: elk-, jeeder-, kinn-, mannig-, nich-, usser-

fain fein, gut; ehrlich, gutmütig, umgänglich; hübsch. He is 'n fainen Käärl. Se bünt fain haruut (haben es geschafft). → fien, vertällen

geröst ruhig, getrost; guten Gewissens. Dat könn ih geröst doon. Dat könn ih geröst vertällen. so geröst as ne Henne, de in'n Keller satt un Botter fratt (in aller Ruhe; wenn sich jd. nicht aus der Ruhe bringen läßt).

Geschichte f. Geschichte. He konn gudd Geschichten vertällen.Döönken, Vertällsel.
Zs.: Vöör-

grüwweln ängstigen, gruseln. Mi grüwwelt, wo se dat so vertällen. Daor grüwwelt't em vöör.äiseln

Kindertied f. Kinderzeit, Jugend. He konn so mooi vertällen uut de Kindertied.

leegen (lügg; loog, loogen; loggen) lügen. Leegen is nich schlimm, wenn se män mooi leegt (wenn es nur nett gesagt wird). He lügg as 'n Farken (as ne Koh). He kann bääter (hätter) leegen as 'n Peerd (He lügg gäwwer as 'n Piärd in'n hatten Kadraff loopen kann, (St), → draawen, gau). He lügg mähr as he sägg (lügt viel). He lügg, wat he bäädt (He lügg bi't Bääden) (Er lügt noch beim Beten, lügt sehr viel; ihm ist nicht zu trauen). Wat sall ik drüm leegen! (warum nicht frei heraus sprechen). Et lügg de nich üm (Man spürt, wie es wirklich war; man muß die Folgen ertragen). • Leegen un Bedreegen häbbt kotte Beene. He dööt leegen un bedreegen un nümp dat, wat nich sien eegen (Sü). • Well anföng met Leegen, häört up met Bedreegen. Well lügg, de stellt, de pisst in't Bedde, de dööt alls (Bor). sik wat in de Taske leegen (sich selbst täuschen, sich für reich halten).→ Bäärnken-van-Gaolen, böögen, Book 1, dampen, flunkern 2, Mund, stinken, vernemmen, vertällen, völle, Waorhäid.
Zs.: fast(e)-

mien mein. Ik soll Mienen doch wat anders vertällen! (meinem Sohn (Mann), würde ihn ausschimpfen). 't Miene (was mir gehört). Ik dach, et was jao nich 't Miene (wenn man mit fremdem Eigentum unvorsichtig umgeht). Mien, mien, mien, mien Äi is schee (So wurde der Gesang der Goldammer gedeutet, St, → du, Wiew).

naovertällen nacherzählen; nachsagen. Daor kann man nix van naovertällen (Dazu kann man nichts sagen; das ist unglaubwürdig, unsicher). Van den, dao kann'm nich van naovertällen, den eenen mäck de wat bi un den andern verschwigg wat (Es ist kein Verlaß auf das, was gesagt wird). → wiedervertällen

Nösse (sth.s); Nööse (Bor, Rae, Rh, Bo) f. (Nössen; Nösseken) 1. Nase. De praot döör de Nösse (näselt, → nösseln). Se keeken met Nösse un Beck (Mund un Nösse loss) (gafften). Se drägg de Nösse wat hooge (eingebildet, stolz). Laot de sik de Nösse mon äs stooten (Se häff een öwwer de Nösse kreggen); daor wödd se nich dümmer van. He häff em dat under de Nösse hollen (vorgehalten). De häbbt dat in de Nösse (ahnen das). De steck siene Nösse in jeeden Dreck (neugierig). Öwwerall häff he siene Nösse in sitten. Sass diene Nösse trüggehollen! (Halt dich da raus). Treck (Pack) di sölws bi (an) de Nösse (Du bist selbst nicht besser). He häff sik ne goldene Nösse haalt (hat gut verdient). Et is em langs de Nösse gaon (an der Nase vorbei). Et is em an de Nösse vöörbi trocken (Er hat es so gerade nicht erreicht). He kick spitz längs de Nösse (1. Dem kann man nicht trauen. 2. Er ist streng, kritisch; geizig. 3. Er tut fromm). • Kotte Nössen bünt gau schnüüt't (Kleine Kinder sind schnell zufriedengestellt; Arbeit ist schnell getan). Lao we de Nösse äs weer achter de Wind stääken (Laßt uns aufbrechen). Well de mähr van nimp äs ne Nösse vull, dat is ne Schlöömert (vom Furzen). Ik häbb de Nösse de (nich) nao staon (habe (keine) Lust dazu, → nao). → achter, Botterjaor, Deckel, debi, detüsken, Droppen, fien, friewen, gestrecken, gewönnt, Hecke, hoogdüütsk, jöcken, kruus, Lidd 1, melk, Näägel, Nibben 1, old, Papp, Prääke, trüggetrecken, vertällen, Wind.
2. nasenartiger Gegenstand, z.B. Hobelgriff für die linke Hand, Haken der Dachpfanne (Ge). → Hacke 3, Öwwerdecker.
Zs.: Haaken-, Hunde-, Juuden-, Platt-, Rotz-, Schaops-, Schnaps-, Schnotter-, Spitz-, Spöör-, Stupp-, Suup-, Wies-, Wottel-

old, oll, olle(n) (öller, öllst) 1. alt, verbraucht, verschlissen, nicht mehr neu. Old is old (z.B. von altem Werkzeug). old un verschledden. He löpp in't olle Tüüg (Werktagskleidung). He häört ook to't olle Ieser (ist alt). Dat häff he föör old kreggen (gebraucht). En old Auto un ne olle Frou, daor kümp di nümms bi.
2. alt an Jahren, bejahrt, nicht mehr jung. wat den ollen Schnieder was (beim Erzählen). de ollen Wääwers (die alten, erfahrenen Weber). Ik was noch nich so old, ääben dat ik an bäide Ende uut de Buxe keek. Kinder un olle Löö huort froh in'n Bedde (St). Olle Löö un kläine Blaagen häbbt immer wat: ne Droppen an de Nösse un de Buxe natt.En Määske wödd old as ne Koh un lährt immer noch to. Nix wetten, daor büs te old to, män alls te wetten, daor büs te jung to. Wenn's nich old weern wiss, moss di jung uphangen (scherzh.). Old un stiew un noch kinn Wiew (unverheiratet, scherzh.). • Olle Käärls un junge Wiewer giff völle Kinder un vull Gekiewe. He wödd daor nich old (bleibt dort nicht lange). Dat Jaor was noch nich old (z.B. Frühjahr). up'n ollen Dagg (im Alter, → af-finden, anträäden). He tredd 'n ollen Dagg an (bei Alterserscheinungen von Mensch u. Tier). Up'n ollen Dagg wödd man löi, lecker un verwennd. old Schääpelsäi (Flächenmaß, 1200 bzw. 850 Quadratmeter, im Ggs. zu → nij). olle Wiew (die letzte Garbe, → Olle f.).
3. vergangen. uut de olle Tied vertällen. He is nao (uut, van) de olle Welt (unmodern). He geht noch nao de olle Welt. van olds heer (von alters her, aus Tradition). Van olds heer mochen de Kinder doon, wat Vaader sagg. van olds hen (vor langer Zeit). Dat was all Jaoren van olds hen.Ääksternüst, Arm, Beddeplanke, bo, Dochter, Dopp, Düüwel, Fett, flicken, Foss, fraogen, frech, Haasen, Hahn, Hohnerküüken, jung, leenen, Muus, nij, Puckel, rieden, Schwemmer, Sessel, spöllen, starwen, verplanten.
Zs.: steen-, stock-

rundvertällen herumerzählen. Moss nich alls öwwerall rundvertällen.

schällen 1. schälen; entrinden. geschällte Stipp-erpel (Salzkartoffeln). → plaaten, vertällen.
2. flach pflügen. → braoken.
Zs.: Eek-, Loh-

schaneerlik peinlich, genierlich, ehrenrührig, beschämend. Mi was't te schaneerlik, wat den Käärl vertällen.

Schmööksken n. lustige Erzählung, Geschichte, Anekdote. olle Schmöökskes vertällen.Döönken

Spook n.(Spööke; Spööksken) Spuk, Gespenst. Ne Spook wodde verdrewwen met't sesste un sewwente Book Mooses. He glöff an Spööke. Du sühs wall Spööke (an'n hellen Dagg)!Jeeder-een häff sienen Spook in't Schapp (sein persönliches Leid, → Krüüs). Dat is 'n Spook! (Der wird nicht für voll genommen). Spöökskes vertällen (Gespenstergeschichten). → Gespenst

uutvertällen bis zum Ende erzählen

vertällen 1. erzählen. Dat kaas drieste vertällen. Dat wi'k noch eens vertällen (Beginn einer Erzählung). Ik häbb dat van eene vertällen häört (weiß das vom Hörensagen). Well fain vertällen kann, de kann ook fain leegen. Sa'k uh wat vertällen? Kick-uut siene Gesellen, de könnt met de Nösse Erpel schällen (Spottvers). → Döönken, Geschichte, mien, wied, wiese.
2. sik vertällen (sich verzählen, falsch zählen).
Zs.: wieder-

wat, wa. 1. was. Wat ih doch säggt! Wat ne Käärl! Wat 'n Hüüser! (Was für Häuser, z.B. groß, schön). Wat dann? (was nun). Wat is di? (Was hast du). Wat is, wenn he nich kümp? Wat föör'n Ding (Wat van'n Ding) is dat dann? (was für ein Ding). Wat häff he dao doch! (Kartenspielausdruck). Ik weet ook nich, wat se debi hadden (was sie daran fanden). Wat usse Mooder is, de kann noch vull vertällen (Was unsere Mutter angeht, betrifft). → Wass.
2. etwas; irgendetwas. Dat is noch wall wat föör di (etw. für dich). Un immer, wenn wi lossgaot, dann is de wat (kommt etw. dazwischen). Daor is wat van an (Es ist wohl etw. dran). Et is nich üm wat dann (Das ist ein Dankeschön wert, es ist schon etwas Besonderes).
3. (betont) etwas, ein wenig; einige. Daor is noch wat Melk in'n Emmer. wat Löö (einige Leute). We hadden noch wat Eeken staon. Bi wat Peerde wodd de Liene üm'n Naaben daon, dat se nich weggloopen konnen (bei einigen Pferden). Wat will de wenn. (Irgendein Unglück trifft jeden).
Zs.: meest-, so-

Wegg m. (Wääge, Weggsken) Weg (z.B. Feldweg, Heimweg); Wegstrecke. De Schäöre kamm in de Wääge (Töpfereiabfall zum Auffüllen von Schlaglöchern, → Schlacke, Schutt). Ih weet't de Wegg alleene wall (wenn man jd. nicht zur Tür begleitet). Ik sall di den Wegg wall wiesen! (Zurechtweisung). De löpp em daor in de Wääge (ist ihm hinderlich, im Weg). Loop mi doch nich in de Wääge! (z.B. zu lästigem Kind). He steht sik sölws in de Wääge (Er ist unbeholfen, verlegen, ungeschickt). Se häff nix in de Wääge sitten (Sie ist schlank, hat kein Pfund zu viel). Denne legg ik ook noch äs wat up'n (in'n) Wegg (Den werde ich auch noch mal ärgern, behindern). Denne kaas bääter uut'n Wegg gaon! (Er ist schwierig, unangenehm, → uutpacken, wahrn). Ih solln uh uut'n Wegg gaon (z.B. zu streitenden Personen). He geht ähr uut'n Wegg (Er meidet sie). Den Wegg mütt wi alle gaon (sterben). Lao we dat gau ääben uut de Wääge maaken (z.B. eine Arbeit schnell erledigen). He häff 't Geld nich te riewe in de Wääge liggen (hat nicht zu viel Geld, → Boom, Geld). De Blaagen gaot ähre Wääge (gehen ihren Weg, werden selbständig). Denne mäck wall sienen Wegg (Er ist lebenstüchtig, weiß sich zu helfen). He will kinn gudde Wääge in (Er gerät auf die schiefe Bahn, → Biesterbahne). He konn an eene Wääge vertällen (in eins, ohne Unterbrechung). Daor häff he weer an'n Wegg dretten (kackt) (Du häs an'n Wegg dretten) (zu jd., der ein Gerstenkorn am Auge hat, → Schweer, Wäägendrieter). Krankhäit (Mallöör) kass nich uut´n Wegg gaon (kann man nicht vermeiden). Met dree Mann kaas a´wat uut de Wääge setten (etwas schaffen). → eene, graade, kommen, kündig, leggen, Room, schääl, Schmette, Steenschmette, tewääge, timmern, upgraawen, vöörbi.
Zs.: Af-, Aos-, Asken-, Binnen-, Buurn-, Buuten-, Dooden-, Driet-, Driew-, Feld-, Fietsen-, Fohr-, Foot-, Gaorden-, Gemeens-, Groowen-, Heede-, Heel-, Hen-, Kark-, Karkhoffs-, Kastanjen-, Kies-, Knüppel-, Koll-asken-, Krüüs-, Lääwens-, Land-, Lehm-, Liek-, Mahlsand-, Mark-, Middel-, Modde-, Nääben-, Öwwer-, Pannschööre(n)-, Post-, Prussioons-, Radd-, Richt-, Ried-, Rott-, Sand-, Schlacken-, Schliek-, Schmeer-, Schmuggel-, Schotter-, Sieden-, Sinner-, Sommer-, Steen-, To-, Trügge-, Twass-, Üm-, Up-, Uut-

wiedervertällen weitererzählen. Dat dröffs nich wiedervertällen! Van denne kaas nix van wiedervertällen (Von ihm kann man nichts Schlechtes berichten, er ist in Ordnung). Wat denne sägg, daor kaas nix van wiedervertällen (Er lügt). → naovertällen

e) 1. klug, gescheit; vernünftig, ernsthaft. Lao we praoten, as we wies bünt! (Laßt uns vernünftig reden). Dat häbb ik ganz wies säggt (ganz ernst, ohne zu lachen). Dat konn he met't wieseste Gesicht vertällen (mit ganz ernstem Gesicht). Met de Löö bünt kinne wiese Dinge met te praoten (Mit denen kann man nicht vernünftig reden). wies weern (erfahren, in Erfahrung bringen, → gewahr). Büs nich ganz wies! (Du bist wohl verrückt). He is nich gudd wies ("nicht bei Trost"). Mooder, wess du doch te wiese un gao nao Bedde! (Sei doch so vernünftig). De was nich ganz unwies, owwer wies ook nich (hatte z.B. einen Tick; leicht verrückt). → anpacken, bedenken, klook, Nettel, te, vertällen, wisse.
2. geizig, knauserig. ne wiesen Pinn (Geizhals). He is van de wiese Kante.Bremen, Pinn, Pinsel, unwies.
Zs.: eegen-, nösse-, nümmer-, old-, un-

Elisabeth Piirainen & Wilhelm Elling: Wörterbuch der westmünsterländischen Mundart. (Beiträge des Heimatvereins Vreden zur Landes- und Volkskunde, 40). Vreden, 1992.
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