Eigennamenkomposita im Deutschen
Komplexe Nominalphrasen mit Eigennamen im Deutschen und im deutsch-niederländisch-englischen Sprachvergleich aus synchroner und diachroner Sicht
DFG-Projekt (Laufzeit: 04/2014 - 03/2017)
Zentraler Untersuchungsgegenstand des Projekts sind Eigennamenkomposita im Deutschen. Diese werden im Sprachvergleich mit dem Niederländischen und Englischen aus diachroner und synchroner Perspektive betrachtet.
Zu den Eigennamenkomposita gehören u.a. lexikalisierte Bildungen wie Röntgenstrahlen, Riesterrente oder Mozartkugel, bei denen das Erstglied als Namensgeber fungiert. Besonders frequent in der Gegenwartssprache sind (meist okkasionelle) Formen wie Götze-Wechsel oder Merkel-Regierung. Sie sind häufig, aber nicht ausschließlich in der Pressesprache zu finden, wie folgende Beispiele aus dem 'Spiegel' vom April 2014 zeigen:
(1) Sportgericht spricht Braunschweig-Trainer frei
(2) Firma von Clooney-Freundin gratuliert zur Verlobung
Im Projekt werden Eigennamenkomposita unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht. Der erste betrifft ihre diachrone Herausbildung. Im Gegensatz zu anderen Arten der nominalen Komposition (etwa der Nomen-Nomen- oder der Adjektiv-Nomen-Komposition) scheint die Eigennamenkomposition insgesamt ein recht junges Wortbildungsmuster zu sein, das sich vermutlich in frühneuhochdeutscher Zeit herausbildet. Über die genaue Entstehung ist bisher jedoch wenig bekannt.
Der zweite Punkt betrifft die Annahme, dass dieses Wortbildungsmuster seit dem 20. Jahrhundert besonders frequent geworden ist und möglicherweise im Gebrauch noch immer zunimmt. Hier stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit diese aktuelle Entwicklung auch ein Resultat des Sprachkontakts mit dem Englischen ist. In diesem Zusammenhang sollen vergleichend auch niederländische Eigennamenkomposita betrachtet werden, da das Niederländische mutmaßlich ebenfalls einem Einfluss des Englischen unterliegt.
Drittens sind Eigennamenkomposita zum Teil bedeutungs- und verwendungsäquivalent zum Genitiv und anderen syntaktischen Konstruktionen. So kann das Kompositum Braunschweig-Trainer in (1) problemlos durch Braunschweigs Trainer oder Trainer von Braunschweig ersetzt werden. Eine solche Äquivalenz zwischen Komposita und syntaktischen Konstruktionen besteht jedoch nicht generell. Verschiedene Beobachtungen weisen darauf hin, dass bestimmte Arten von Eigennamenkomposita einen besonderen grammatischen Status als „Zwitter“ zwischen Wortbildung und syntaktischen Konstruktionen haben.
Auf der Grundlage von Korpusdaten sollen daher die semantisch-funktionalen und morphosyntaktischen Eigenschaften dieser Komposita in der Gegenwartssprache analysiert werden. Aus grammatiktheoretischer Perspektive können Eigennamenkomposita als exemplarische Fallstudie in Hinblick auf das Verhältnis von Morphologie, Syntax und Lexikon diskutiert werden. Über den engeren Untersuchungsgegenstand der Eigennamenkomposition hinaus werden im Projekt aber auch andere Nominalkonstruktionen mit Eigennamen berücksichtigt. Dahinter steht u.a. die Überlegung, dass Konstruktionen wie der Genitiv, Präpositionalphrasenkonstruktionen oder Appositionen und ihre spezifischen Bildungsrestriktionen möglicherweise auch eine Rolle bei der Herausbildung der Eigennamenkomposita gespielt haben.
Weitere Informationen: Projektbeschreibung in der GEPRIS-Datenbank der DFG
Beteiligte Mitarbeiterinnen:
Projektleiterin: PD Dr. Barbara SchlückerStudentische Mitarbeiterin: Nicole Faßbender
Veranstaltungen zum Thema
Workshop on Proper Names and Morphosyntax, FU Berlin, 5.-7.11.2015Veröffentlichungen zum Thema
- Schlücker, Barbara (2014): Grammatik im Lexikon. Adjektiv-Nomen-Verbindungen im Deutschen und Niederländischen. Berlin, Boston: De Gruyter (= Linguistische Arbeiten 553).
- Schlücker, Barbara (2013): "Non-classifying compounds in German". Folia Linguistica 47.2, 449-480.